Kurz & bündig
- Bodenerosion kann nicht immer vollständig verhindert werden
- Starkregen und junge Kulturen auf intensiv bearbeitetem Saatbett sind ein grosses Risiko
- Eine Mulchschicht hat eine gute Schutzwirkung
- Mit dem Direktsaatverfahren kann eine kräftige Bodenstruktur aufgebaut werden, welche die Stabilität erhöht

Bodenerosion ist ein Dauerthema in der Landwirtschaft. Man will sie vermeiden, weil bei jedem Ereignis die wertvollsten Bodenbestandteile weggeschwemmt werden und der Boden an Qualität verliert. Aber trotzdem gelingt dies nicht immer, wie Erosionsereignisse in der Ostschweiz und rund um den Frienisberg bei Bern in diesem Frühjahr 2023 gezeigt haben. Dabei gingen neu angesäte Kulturen auf intensiv bearbeiteten Böden bachab und landeten zum Teil auf Strassen.

Solche Schäden sind nicht behoben, wenn mit dem Radlader und der Strassenwischmaschine die Spuren beseitigt sind. Betroffene Parzellen werden nach solchen Ereignissen ertragsschwächer. Der Grund ist einfach: Oben am Hang wird der Boden immer flachgründiger, da humusreicher Oberboden fehlt, während in Mulden oder unten am Hang die Pflanzen begraben werden und der Boden verschlämmt.

«Beschränkt sich der Schaden auf die betroffene Parzelle, spricht man von einem sogenannten On-site-Schaden. Wenn die Erosion jedoch aus dem Feld fliesst und beispielsweise die Kanalisation flutet, handelt es sich zusätzlich auch noch um einen Off-site-Schaden», erklärt Volker Prasuhn.

Die Mechanisierung bietet mehr Möglichkeiten

Die Zeiten sind längst vorbei, als man Bodenerosion als Wetterpech akzeptierte und das Risiko als normal hinnahm – obschon man Erosionsrinnen schon damals nicht gern gesehen hat. Das hat auch mit der Mechanisierung zu tun. Heute gibt es Maschinen, die mit flacher Arbeitsweise gute Resultate für die Saat erzielen. Das war früher fast nur mit dem Pflug als Grundbodenbearbeitung möglich. Spätestens als 1993 mit der Agrarpolitik ökologische Massnahmen eingeführt wurden, redet man auch über Bodenerosion und darüber, wie das Risiko reduziert werden könnte.

Volker Prasuhn hat die Erosion in Langzeituntersuchungen begleitet. Er kennt die Zusammenhänge, welche Bodenerosion begünstigen oder hemmen können. Kann das Risiko gesenkt werden, ist der Nutzen gross.

Denn bei einem Erosionsereignis kommt es nicht nur zu einem aktuellen Schaden. Erosion verursacht langfristige Folgeschäden auf der betroffenen Parzelle durch die Reduktion des Wurzelraums oben am Hang.

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Gut angewendete Direktsaat schützt den Ackerboden

«Bodenerosion lässt sich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit vermeiden. Manchmal sind Starkregenereignisse so heftig, dass trotz reduzierter Bodenbearbeitung Abschwemmungen nicht ganz zu vermeiden sind. Aber häufig lassen sich Schäden präventiv begrenzen», so Volker Prasuhn. Der Zustand der Ackeroberfläche und die Stabilität der Bodenstruktur sind die entscheidenden Faktoren.

Dabei muss man gar nicht erst um den heissen Brei reden: Gut angewendete Direktsaat schützt den Ackerboden am besten vor Erosion. Der Boden ist durchwurzelt und auf der Oberfläche bremsen Pflanzenrückstände Regentropfen vor dem Aufprall ab.

Beim Mulchsaatverfahren kommen diese Eigenschaften auch zum Tragen und schützen den Ackerboden ebenfalls. Insbesondere, wenn die Bodenbedeckung mehr als 30 Prozent beträgt. Mulchsaat ist jedoch etwas weniger wirkungsvoll als Direktsaat.

Der Bodenerosion muss vorgebeugt werden

Ein Landwirt ist heute im Rahmen der Direktzahlungsverordnung verpflichtet, vorsorglich gegen Bodenerosion anzugehen. Ansonsten sind Direktzahlungskürzungen möglich. Dazu kommt es ein weiteres finanzielles Risiko: Kommt es zu einem, wie erwähnt, Off-site-Schaden an Infrastrukturbauten oder gefluteten Kellern, kann ein Verursacher zur Kasse gebeten werden und muss für den Schaden aufkommen.

Eine solche Situation kann bei Hanglage nie hundertprozentig ausgeschlossen werden und somit jeden treffen. Im Ereignisfall steht man als Landwirt dann besser da, wenn man aufzeigen kann, dass man mit Mulchsaat oder einer anderen anerkannten Erosionsschutzmassnahme versucht hat, das Risiko zu reduzieren.

Bei konventionellem Anbauverfahren am Hang mit Pflug und feinerdiger nackter Ackerbodenoberfläche durch die Saatbettbereitung hat man schlechtere Karten, um sich hier aus der Verantwortung zu nehmen.

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Man muss nicht alles gleichauf den Kopf stellen

Das heisst nun nicht, dass nur noch Direktsaat oder Mulchsaat erlaubt sein sollten. Diese konservierenden Anbauverfahren sind ja auch nicht mit allen Kulturen so leicht möglich, beispielsweise bei Kartoffeln.

Volker Prasuhn plädiert für eine standortangepasste Bewirtschaftung. Das war auch seine Empfehlung, als er während des Langzeitversuchs im Raum Frienisberg bei Bern mit den Landbesitzern in Kontakt stand. «Ein Landwirt kann seine Bewirtschaftungsweise normalerweise nicht völlig auf den Kopf stellen. Man muss dort Verbesserungen vornehmen, wo dies am nötigsten und wirkungsvollsten ist.» Damit meint Prasuhn nicht, den ganzen Betrieb bedingungslos auf Mulchsaat oder Direktsaat umzustellen. Doch bei erosionsgefährdeten Parzellen sei dies anzustreben. «Am Hang würde man Mulchsaat oder Direktsaat machen. Auf den flachen Parzellen kann man weiterhin mit dem Pflug arbeiten.»

Angepasste Bewirtschaftung verhinderte Schlimmeres

Ironischerweise war nun im Jahr 2023 nicht nur die Ostschweiz, sondern auch die Region um den erwähnten Frienisberg mit den Langzeituntersuchungen zwischen 1997 und 2021 von Starkregen und folgender Bodenerosion betroffen. Eine Region also, in der Landwirte auf das Thema besonders sensibilisiert sind und wo der Anteil der reduzierten Bodenbearbeitung mit 75 Prozent höher sei als der schweizerische Durchschnitt mit 20 Prozent, erklärt Volker Prasuhn.

Die konservierende Bodenbearbeitung hat also geholfen, dass nicht noch mehr Ackerland abgetragen wurde. Die positive Wirkung der konservierenden Bodenbearbeitung hat sich in der Langzeituntersuchung am Frienisberg schon früh gezeigt. In den ersten 12 Jahren der Kartierungen von 1998 bis 2009 wurde ein mittlerer Bodenabtrag von 0,7 Tonnen pro Hektare ermittelt. In den folgenden 12 Jahren (2021 bis 2021) sank dieser Wert auf 0,15 Tonnen pro Hektare und Jahr.

Der Starkregen Mitte Mai 2023 traf die Region im ungünstigsten Moment. Besonders betroffen waren die Ackerflächen, die kurz zuvor intensiv mit Bodenbearbeitungsgeräten für die Aussaat vorbereitet wurden. Nach der Saat von Zuckerrüben oder Mais und dem Pflanzen von Kartoffeln ist die nackte Bodenoberfläche besonders anfällig, um abzuschwemmen.

Die Energie der Regentropfenvor dem Aufprall bremsen

«Bereits eine Bodenbedeckung ab 30 Prozent mildert die Erosion wesentlich. Auf nacktem Boden ist eine Neuansaat von beispielsweise Zuckerrüben oder Mais ohne Bodenbedeckung viel anfälliger als bei einem starken Gewitterregen im Sommer, wenn bereits viel Blattmasse gebildet ist. Blattmasse bremst die Regentropfen vor dem Bodenaufprall. Das nimmt ihnen die Energie, die Bodenstruktur wird weniger verletzt und der Boden kann das Wasser besser infiltrieren.»

Wenn der Regentropfen fällt, hat er eine kinetische Energie. Diese ergibt sich aus seiner Masse und der Fallgeschwindigkeit. Je grösser der Tropfen ist, desto schneller fällt er und umso mehr «häscheret» es beim Aufprall: Der Regentropfen zerschlägt die Bodenpartikel.

«Die Feinteile werden dabei aus den Bodenkrümel gelöst und verschlämmen die Bodenporen. Das Wasser kann nicht mehr infiltrieren. Die Masse beginnt zu fliessen, bis sie in einer Mulde stecken bleibt oder in einem Bach landet. Je besser die Bodenkrümel unter Mulch oder Pflanzenblättern geschützt sind, desto besser halten sie stand.»

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Bei Kartoffeln ist der Schutz schwierig

Bei Kartoffeln ist nach dem Setzen normalerweise keine Mulchschicht vorhanden und in den Furchen fliesst Erosion zügig. Hier sind die Herausforderungen besonders gross, damit ein Feld am Hang geschützt werden kann. Sofern Kartoffeln am Hang gesetzt werden müssen, kann man die Bewirtschaftungsrichtung an die Höhenkurve angleichen um einen senkrechten Abfluss zu verhindern. Wenn sich der Abfluss jedoch am Vorgewende oder in einer seichten Mulde sammelt, kanalisiert sich die Erosion noch zusätzlich.

Hier hat sich der Dyker bewährt. Das ist eine Art Sternrad, das hinter der Kartoffelsetzmaschine angehängt ist. Durch die Rotation entstehen Löcher in der Furche. Dabei wird bei jedem Loch auch eine kleine «Talsperre» gebildet. «Das System ist sehr empfehlenswert. Es hemmt nicht nur den Wasserabfluss. Durch die Lochbildung wird auch die Wasserinfiltration unterstützt. So fliesst weniger Wasser weg. Es bleibt auf der ganzen Parzelle gleichmässig verteilt und steht der Kultur zur Verfügung.»

Bodenerosion gibt esnicht nur im Frühjahr

Es gibt also verschiedene Möglichkeiten, um das Erosionsrisiko im Frühling bei Neusaaten zu reduzieren. Allerdings sind die spektakulären Schadenbilder erodierter Zuckerrübenfelder nur das Eine. Es gibt auch eine Bodenerosion wegen wassergesättigter oder verdichteter Böden. Dies zeigt sich vor allem im Spätherbst, wenn Dauerregen die Böden sättigt, bis sie kein Wasser mehr speichern können. Und wenn es ausnahmsweise Schnee gibt, kann auch die Schneeschmelze Bodenerosion verursachen. Besonders gefährdet ist spät gesäter Winterweizen mit wenig Blatt- und Wurzelmasse durch den Winter. Bei Wintergerste, die im Herbst mehr Blattmasse bildet, ist das Risiko schon viel geringer.
Bodenverdichtungen und Fahrspuren sind die grössten Risiken für Bodenerosion in dieser Jahreszeit.

Obschon es immer wieder zu Bodenerosionsereignissen kommen kann, ist Volker Prasuhn im internationalen Vergleich zufrieden mit der Situation in der Schweiz. Er sagt, dass der hohe Kunstwiesenanteil von rund 30 Prozent im Ackerbau einen grossen Nutzen bringt. Der Boden ist gut durchwurzelt und stets bedeckt.

Man ist der Erosion also nicht hilflos ausgesetzt, wenn man die Intensität der Bodenbearbeitung reduziert. Zwar nimmt der Herbizideinsatz gegenüber einem «sauberen Tisch» mit dem Pflug eher zu. Leider sieht die Agrarpolitik jedoch das intensive Beackern wie Hacken und Striegeln mit vorherigem Pflugeinsatz immer mehr als gute Landwirtschaft. Wer präventiv gegen Bodenerosion handelt, muss über die politischen Zielkonflikte springen und seinen eigenen Plan durchsetzen.

Bodenerosion schwächt den Ackerboden. Mit einer Mulchschicht kann das Risiko reduziert werden, dass bei einem Starkregen wertvolle Bodenteile abgeschwemmt werden.

Volker Prasuhn
Volker Prasuhn leitete bis 2022 die Gruppe Gewässerschutz von Agroscope. Er ist pensioniert und als Experte mit einem kleinen Pensum tätig. Er leitete auch das Erosionsmonitoring in der Region Frienisberg. Dieses begann 1997 und dauerte 24 Jahre. In dieser Zeit wurden rund 2500 Erosionsschäden aufgenommen. Daraus resultierten unter anderem Risikokarten und Merkblätter, welche Lösungsmöglichkeiten zur Risikoreduktion aufzeigen.

Erosionsrisiko-Karte
Auf der Website map.geo.admin.ch führt der Bund eine Online-Erosionsrisiko-Karte. Die Karte zeigt auf einem Raster von zwei mal zwei Meter das potenzielle Erosionsrisiko für alle Ackerflächen. Auf der Karte kann zwischen Ackerflächen und Dauergrünland unterschieden werden. Auf der aktuellen Erosionsrisiko-Karte sind auch die Fliesswege eingezeichnet. Sie zeigen die Wasseransammlungen und Abflusswege an. Daraus kann der Landwirt beispielsweise seine Bewirtschaftungslinien ableiten.
Ausserdem ist auf der Website eine Gewässeranschluss-Karte erosionsgefährdeter Flächen vorhanden, die aufzeigt, von welchen Flächen mit einem Gewässereintrag von Nährstoffen oder Pestiziden durch Bodenerosion zu rechnen ist.